Ukraine-Krieg "überschattet" auch Vollversammlung der Bischöfe
Die Katholische Kirche will bei der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen aus der Ukraine - meist sind es Frauen mit Kindern - möglichst "familiäre Kontexte" bieten. Wie der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz nach deren "vom Krieg überschatteten" Vollversammlung erklärte, wolle nur ein kleinerer Teil der Geflohenen in Österreich bleiben, die meisten reisen weiter. Länger hier Verbleibende sollten über die Pfarrgemeinden bestmöglich ins gesellschaftliche Leben eingebunden werden, etwa durch Sprachkurse, sagte der Salzburger Erzbischof am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien. An die Menschen in Österreich appellierte Lackner: "Öffnen wir unsere Herzen und Hände!" Auch das Gebet um Frieden sei ein wichtiger Beitrag, um ein Ende der Gewalt zu erwirken.
Auf konkrete wirtschaftliche Folgen der russischen Aggression wie etwa einen Importstopp für Erdgas und Erdöl wollte sich der Bischofskonferenz-Vorsitzende nicht festlegen lassen; darüber zu befinden liege nicht in der Zuständigkeit der Kirche. Er glaube aber nicht, dass bereits alle gewaltfreien Möglichkeiten ausgeschöpft sind, um dem Angriffskrieg Russlands Einhalt zu gebieten, sagte Lackner.
Befragt nach der Russisch-orthodoxen Kirche im Ukraine-Krieg bedauerte der Erzbischof deren "Nahverhältnis" zur Politik Putins. Er äußerte sich froh darüber, dass in Österreich seit dem "Mariazeller Manifest" von 1952 das Prinzip "freie Kirche in einer freien Gesellschaft" gilt, das Kooperation in wechselseitiger Eigenständigkeit ermöglicht.
Tagung von 14. bis 17. März in Matrei
Auch in den insgesamt sechs Erklärungen der Österreichischen Bischofskonferenz hatte der Ukraine-Krieg eine Hauptrolle gespielt, weitere Themen der Vollversammlung von 14. bis 17. März in Matrei am Brenner (Tirol) waren die Weltsynode und der sie begleitende Prozess, die bevorstehenden Pfarrgemeinderatswahlen, Armut in Österreich, das "Jahr der Famiie" und der mehrfach verschobene Ad-limina-Besuch in Rom.
"Lassen wir unsere Nachbarn jetzt nicht im Stich." Diesen Appell richteten die Bischöfe im Blick auf die einem "völkerrechtswidrigen Angriff Russlands" ausgesetzte Ukraine auch schriftlich an die Bevölkerung. Wenn es in diesen Tagen "auch so etwas wie eine gute Nachricht" gebe, dann die, dass die Solidarität und Hilfsbereitschaft in Europa und auch in Österreich enorm seien. In ihrer Erklärung erwähnte die Bischofskonferenz neben den ukrainisch griechisch-katholischen Gemeinden in Österreich die Caritas, die im Kriegsgebiet, in den Nachbarländern und auch in Österreich sehr viel zur Linderung der Not beitrügen.
Damit rasch und sinnvoll geholfen werden kann, braucht es nach den Worten der Bischöfe jetzt vor allem Geldspenden. Die Bischofskonferenz selbst stellt zusätzlich eine Million Euro für Ukraine-Hilfsprojekte der Caritas zur Verfügung.
In klaren Worten wandten sich die Bischöfe gegen das den "Überfall Russlands auf die freie und souveräne Ukraine" und forderten: "Dieser Angriffskrieg ist eine himmelschreiende Sünde und er muss so schnell wie möglich beendet werden." Die Staatengemeinschaft müsse alles unternehmen, "damit die Waffen so rasch wie möglich schweigen und ein gerechter Friede möglich wird". Die Ukraine habe aufgrund des Völkerrechts und auch aus Sicht der kirchlichen Friedensethik das legitime Recht auf Verteidigung, hielten die Bischöfe fest. Dieses Recht eines Staates auf Notwehr werde ergänzt durch die Pflicht der Staatengemeinschaft, die Opfer der Aggression zu schützen und zu unterstützen.
Synodalität ist "nicht optional"
Die Katholische Kirche in Österreich beteilige sich überzeugt am synodalen Prozess der Weltkirche, Papst Franziskus habe "mit seinem Verständnis von Synodalität eine bleibende Vorgabe für die Kirche gemacht": Das geht aus einer weiteren Erklärung der Bischofskonferenz hervor. Kirche sei "immer ein gemeinsames Auf-dem-Weg-Sein aller Getauften, ein Aufeinander-Hören von gläubigem Volk, Bischofskollegium und Papst", heißt es in dem Text, der auch den Fahrplan bis zur abschließenden Bischofssynode im Herbst 2023 darlegt.
Synodalität sei "nicht optional", betonten die Bischöfe. Sie gehöre vielmehr zum Wesen der Kirche als einer "Gemeinschaft, in der alle Getauften zusammenarbeiten, um das Evangelium bis an die Ränder zu verkünden; einer Gemeinschaft, in der jede und jeder eine Stimme hat; einer Gemeinschaft, die im Hören aufeinander den Ruf des Heiligen Geistes zu erkennen sucht".
Pfarre ohne PGR sei "heute unvorstellbar"
Mit beeindruckenden Zahlen untermauerten Bischöfe ihren Aufruf an die Katholikinnen und Katholiken in Österreich, an den Pfarrgemeinderatswahlen am Sonntag, 20. März, teilzunehmen: 4,3 Millionen Gläubige seien eingeladen, ihre Vertretungen in bundesweit rund 3.000 Pfarren für die nächsten fünf Jahre zu wählen. Österreichweit gehörten zuletzt rund 45.000 Personen den Pfarrgemeinderäten (PGR) an, davon 28.000 als gewählte Mitglieder. Zähle man jene hinzu, die sich freiwillig in den pfarrlichen "Fachausschüssen" für Gottesdienstgestaltung, Soziales, Glaubensbildung, Jugend, Familie oder Schöpfungsverantwortung engagieren, ergebe dies geschätzt mehr als 300.000 Personen, die ehrenamtlich in den Pfarren tätig sind. Eine Pfarre ohne PGR sei "heute unvorstellbar", betonten die Bischöfe.
"In der Krise eine neue Wertschätzung" - das gebühre den Familien in Österreich, die sich in Zeiten der Pandemie und jetzt auch im Ukraine-Krieg als "kleinste, verlässliche Zellen unserer Gesellschaft" bewähren. Wie die Bischofskonferenz in einer weiteren Erklärung zum derzeit laufenden kirchlichen "Jahr der Familie" hinwiesen, konnten Familien in den letzten zwei Jahren "nicht in den Lockdown gehen". Ihre hohe Bedeutung als "Überlebensnetzwerk der Gesellschaft" erfordere, dass bei allen politischen Maßnahmen mitbedacht werden müsse, wie sie sich auf Familien auswirken. Vor allem seien die Elternrechte zu respektieren, forderten die Bischöfe echte Wahlfreiheit, "Familie und Arbeit so zu verbinden, dass es dem Wohl der Kinder dient".
Sozialstaat soll "Existenz sichern"
Gerade jetzt, wo Menschen aufgrund der andauernden Pandemie und der massiven Teuerungswelle doppelt belastet sind, "muss der Sozialstaat weiter gestärkt werden". Das unterstrichen die Bischöfe in ihrer Erklärung "Existenz sichern". Die derzeit hohe Inflation treffe nicht alle gleich, sondern jene Personen am meisten, die schon bisher einen Großteil ihres Einkommens für Wohnen, Energie und Lebensmittel ausgaben. Mit verschiedenen Maßnahmen sei es der Regierung gelungen, "drohende Massenarmut zu verhindern", so die Bischöfe. Einmalzahlungen wie der Teuerungsausgleich seien aber zu wenig. Es brauche auch langfristige Reformen bzw. Anpassungen der Sozialleistungen an das jetzige Preisniveau.
In einem weiteren Text kündigte die Bischofskonferenz ihren coronabedingt bereits zwei Mal verschobenen Ad-limina-Besuch in Rom für 12. bis 17. Dezember 2022 an. Dabei sind Zusammenkünfte mit Papst Franziskus und Vertretern der vatikanischen Kurienbehörden geplant, um über die Situation der Kirche in Österreich zu beraten.
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