Appelle für Zusammenarbeit bei großer Ostkirchen-Tagung in Wien
Mit Aufrufen für eine stärkere Zusammenarbeit der katholischen Ostkirchen insbesondere in Europa ist in Wien eine mehrtägige internationale griechisch-katholische Tagung zu Ende gegangen. "Wir müssen die nationalen Grenzen überwinden, und wir können unsere kirchliche Identität nicht nur an der nationalen Struktur festmachen", sagte der kroatische Bischof Milan Stipic bei einem Podiumsgespräch u.a. mit dem Eparchen von Kosice und früheren Sekretär der Ostkirchenbehörde im Vatikan, Erzbischof Cyril Vasil, und dem in den USA wirkenden Bischof Bohdan Danylo am Freitag im Erzbischöflichen Palais. Die jeweilige Tradition, eigene Sprache und eigene Nationalität müsse unbedingt bewahrt werden, "aber wir müssen zusammen sein und uns als Brüder und Schwestern fühlen", rief Stipic auf.
Die wachsenden katholischen Kirchen müssten auf ihren gemeinsamen Weg und ein organisches Wachstum achten, sagte auch der aus Polen gebürtige Bischof Danylo aus der Eparchie Saint Josaphat der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche in Parma im US-Bundesstaat Ohio. Es gelte zusammenzuarbeiten, aber auch die eigenen Traditionen zu pflegen. "Denn wenn wir nicht mehr wissen, wer wir sind, weiß ich nicht, wie die Zukunft aussehen wird."
Zu diesen Fragen erwartet sich Danylo auch Impulse bei einer weiteren internationale Tagung der katholischen Ostkirchen, die im September erneut in Wien stattfinden wird. Kardinal Christoph Schönborn lädt dann in seiner Funktion als Ordinarius für die Katholischen Ostkirchen in Österreich von 8. bis 11. September zum jährlichen Treffen der katholischen Bischöfe Osteuropas. Die Konferenz steht unter der Schirmherrschaft des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE). Die großteils griechisch-katholischen Bischöfe der verschiedenen katholischen Ostkirchen beraten dabei aktuelle pastorale, theologische und gesellschaftspolitische Fragen.
Der slowakische Erzbischof Vasil verwies in seinem Schluss-Statement bei der aktuellen Tagung in Wien auf die sehr unterschiedlichen historischen Hintergründe und Mentalitäten und die - abgesehen von der gemeinsamen Liturgie und der byzantinischen Tradition - sehr unterschiedlichen pastoralen Ansätze in verschiedenen Weltregionen. Auch aus der Erfahrung seiner Zeit an der Kurie und Rektor des Päpstlichen Orientalischen Institutes in Rom heraus könne er bestätigen, dass die Herangehensweise an die Getauften und die Hierarchie bei den Ostkirchen im Nahen Osten, wo die Gläubigen in direktem Kontakt mit der muslimischen Welt leben, völlig anders sei als in Rumänien oder der Ukraine mit der kommunistischen Vergangenheit. "Das ist ein kultureller Unterschied und dieser Unterschied hat immer noch Gewicht."
Nüchterner Blick auf Ökumene
Eher ernüchternd antwortete Vasil auf eine Frage nach dem Beitrag der katholischen Ostkirchen zur Ökumene mit den orthodoxen Kirchen. "Wirkliche Ökumene sollte meiner Meinung nach von der tiefen Trauer über die Tatsache ausgehen, dass wir Christen gespalten sind. Aber diese Trauer - ich bin mir nicht so sicher, ob sie bei unseren orthodoxen Gesprächspartnern wirklich vorhanden ist", sagte der Erzbischof. Diese seien sich vielmehr sicher, dass sie zum guten Teil der Kirche gehören und mit der Situation zufrieden.
Aktuelle politische Entwicklungen, wie etwa die russische Aggression gegen die Ukraine, erschweren aus Sicht Vasils das ökumenische Gespräch nicht zusätzlich - sei die tiefe Verwicklung von Kirchen in politische Zusammensetzungen historisch betrachtet doch nichts Neues. Alle östlichen Imperien und in der Vergangenheit auch westliche Imperien hätten die Kirche zur Unterstützung der eigenen Politik benutzt, erinnerte der Erzbischof. Erst in jüngster Zeit, und auch da zumeist nur in der westlichen Welt, hätten sich Kirchen davon befreien können.
"Keine Inseln", sondern zentraler Teil der Kirche
Vor dem abschließenden Podium hatte Vasil in einem längeren Vortrag über Fokuspunkte einer gemeinsamen Identität der griechisch-katholischen Kirchen gesprochen, die "keine Inseln", sondern klar Teil der katholischen Kirche seien und ihre Geschichte und Schicksal teilten, wie der Erzbischof hervorhob. Als Stärken nannte er etwa die verbreitete Volksreligiosität, die relativ hohe Beteiligung der griechisch-katholischen Gläubigen an den liturgischen Feiern und die zahlreichen Priesterberufungen.
Vasil geht davon aus, dass sich die griechisch-katholischen Kirchen in dem Maße, in dem sie sich allmählich etablieren, immer mehr als gleichberechtigte Partner angesehen werden. Der Stärkung der griechisch-katholischen Kirchen Mittel- und Osteuropas komme dabei heute besondere Bedeutung zu - "auch angesichts der Tatsache, dass die katholischen Kirchen im Nahen Osten in den letzten Jahrzehnten aufgrund der anhaltenden Migration infolge der politischen Instabilität in der Region rapide geschrumpft sind", sagte Vasil.
Vielfalt des liturgischen Lebens ermöglichen
Auch auf Risiken in der Entwicklung der griechisch-katholischen Kirchen ging der slowakische Erzbischof ein. So müsse die Konzentration auf die Liturgie von einer angemessenen Katechese begleitet werden. Gleichzeitig dürfe keine bloße "Monastisierung" des liturgischen Lebens in Pfarren stattfinden. "Es geht darum, geeignete Ausdrucksformen zu finden, die dem byzantinischen Ritus entsprechen und eine noch größere Vielfalt des liturgischen Lebens ermöglichen." Unter mehreren Punkten nannte Vasil die Notwendigkeit der Offenheit für die Bedürfnisse der katholischen Weltkirche und einer Sensibilität für die gesamtkirchlichen Ereignisse.
Ausdrücklich plädierte Vasil zudem für eine qualitativ hochwertige berufliche und geistliche Ausbildung. Diese solle "die Kenntnis der grundlegenden theologischen und liturgischen Regeln fördern und so die Voraussetzungen dafür schaffen, dass eventuelle neue Formen das Ergebnis einer organischen Entwicklung sind und gleichzeitig den Anforderungen der Ökumene entsprechen". Der Erzbischof rief zudem dazu auf, die besten griechisch-katholischen Studenten nach Rom zu schicken, wo sie in spiritueller und mit internationaler Erfahrung ausgebildet würden. "Rom ist ein besonderer Ort, einzigartig in der Welt, an dem wirklich jede Tradition präsent ist, jede theologische Strömung verfolgt werden kann", sagte Vasil. Anders als in früheren Jahrhunderten würden Angehörige orientalischer Kirchen dort auch nicht mehr lateinisiert. In Rom seien die wichtigsten Reformen für die orientalische Kirchen durchgeführt worden - Liturgiereform, kanonische Reform, ekklesiologische Reform. "Es ist der Ort, an dem die Orientalen orientalischer wurden."
Gottesdienst im Stephansdom
Spiritueller Höhepunkt der dreitägigen internationalen griechisch-katholischen Konferenz aus Anlass des 250-Jahr-Jubiläums der Gründung des Wiener griechisch-katholischen Priesterseminars "Barbareum" war am Mittwoch ein Gottesdienst im Wiener Stephansdom. Die Tagung brachte Rektoren von griechisch-katholischen Priesterseminare aus ganz Europa sowie zahlreiche griechisch-katholische Bischöfe zusammen, um über die Rolle der katholischen Ostkirchen bei der Verkündigung des Evangeliums und der Förderung von Einheit, Frieden und Stabilität in Europa nachzudenken. Gastgeber war Kardinal Christoph Schönborn in seiner Funktion als Ordinarius für die Katholischen Ostkirchen in Österreich.
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